Von Burkhard Zarnack, Lübeckische Blätter
Da die Bürgerschaft die in der Märzsitzung begonnenen Wahlen nicht abschließen konnte, wurden in der Mai-Sitzung noch folgende Ausschüsse gewählt: Jugendhilfeausschuss, Schulleiterwahlausschuss, Rechnungsprüfungsausschuss und Wahlprüfungsausschuss. Alle Ausschüsse wurden neu besetzt, einschließlich der Vorsitzenden bzw. Stellvertreter. In einigen Fällen entschied das Los. Wegen der z.T. komplexen Rechtslage beanspruchten die Wahlen einen großen Teil der Sitzungszeit.
Abwechslung in diese trockene formale Prozedur brachte die Wahl zu(r)m Bürgermeisterstellvertreter/in. Die CDU hatte Senator Ludger Hinsen, die SPD-Fraktion die Senatorin Joanna Hagen vorgeschlagen. In den jeweiligen Stellungnahmen der Fraktionen wurde betont, dass die Fraktionen beide Kandidaten in gleicher Weise für qualifiziert halten.
In seiner Vorstellung betonte Senator Hinsen, dass er praktisch seit 2020 immer wieder die Stellvertreter-Position ausgeübt habe, bedingt durch zeitweiligen Ausfall von Senatorin Weiher. Senatorin Hagen ist seit 2017 im Amt; sie betonte ihre erfolgreiche Arbeit, insbesondere in Bezug auf die Anwerbung von Fördermitteln.
Katjana Zunft (Linke) hob hervor, dass sie den SPD-Vorschlag nicht zuletzt deshalb unterstütze, weil Senatorin Hagen eine weibliche Vertreterin ist (zur Erläuterung: im Senat stehen im Moment drei weibliche Senatorinnen einem männlichen Senator gegenüber; in der Bürgerschaft liegt der Frauenanteil deutlich unter einem Drittel, nämlich bei 26%).
In der Wahl setzte sich Joanna Hagen mit 24 (+) gegen 19 (-) bei 43 abgegebenen Stimmen durch; bei Senator Hinsen war dieses Stimmenverhältnis genau umgekehrt.
Einen breiteren Raum nahm die Diskussion über die Straßenanbindung des geplanten neuen Gewerbegebiets Genin („Semiramis“) ein. Auslöser war die Kritik Detlev Stolzenbergs (Unabhängige), der monierte, dass der geplante Ausbau der Straße „Wasserfahr“ (diese Straße verbindet die Autobahnanschlussstraße Baltische Allee und die Kronsforder Landstraße) nur eine Zwischenlösung sein könne, vielmehr solle eine Autobahnanbindung angestrebt werden. Er forderte deshalb eine Korrektur der Maßnahmen, zumal die Anwohnerinteressen nicht ausreichend berücksichtigt seien.
Christopher Lötsch (CDU) wies auf die Konsequenz dieser Forderung hin; denn die Forderung Stolzenbergs würde die Ablehnung der B-Plans bedeuten; das aber wäre gleichbedeutend mit der Ablehnung des geplanten Gewerbegebiets.
Silke Mählenhoff (Grüne) kritisierte die schlechte Planung der KWL (zuständige Planungs- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt) und verwies auf mögliche Geruchsbelästigungen durch die nahe Deponie Niemark. Bausenatorin Hagen folgte dieser Kritik nicht und verwies auf die Erschließung des Gewerbegebiets über eine Landstraße. Man sei mit den betroffenen Anwohnern im Gespräch und habe Lärmschutzmaßnahmen in Aussicht gestellt. Axel Flasbarth (Grüne) erinnerte daran, dass man eine Extra-Auffahrt versprochen habe; diese aber in der Planung zzt. nicht sichtbar sei: „Wie lange dauert der Autobahn-Anschluss“?
Bürgermeister Lindenau widersprach der Kritik und führte aus, dass eine Beteiligung der Anwohner erfolgt sei. Es seien vor allem drei Häuser im Eckbereich der Straße Wasserfahr, die besonders belastet seien. Man habe Lärmschutzeinrichtungen vorgeschlagen, deren Form bzw. Gestaltung nicht festgelegt wäre, darüber hinaus sei ein Fußweg geplant. Er betonte, dass auch die Stadt eine zügige Autobahnanbindung wolle.
Netzwerk Bio-Städte: Eine Abstimmung darüber, ob sich die Stadt um eine Mitgliedschaft im Netzwerk bemühen solle, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Die öffentliche Sitzung in der Bürgerschaft endete so vorzeitig, dass der nichtöffentliche Teil früher beraten werden konnte.