Von Burkhard Zarnack, Lübeckische Blätter
Der kleine Keller bleibt unangetastet, der ganze Keller wird dem Museumsbetrieb entzogen
Zwei Demonstrationen vor dem Rathaus begleiteten die jüngste Bürgerschaftssitzung: eine Demo für die Unversehrtheit des historischen Kellers im BBH und eine Demo für den Baubeginn auf der Grundlage der bestehenden Bauplanung. Beide Demonstrationen versammelten sich vor dem Rathaus; die größere Gruppe unterstrich mit lautstarken Sprechchören den Willen, einen Baustopp zu verhindern. Die kleinere Gegendemo forderte, unterstützt durch ein Megaphon, die Unversehrtheit des Kellers und hob seine historische Bedeutung hervor.
Es blieb friedlich. Zwei Polizeibeamte sorgten nur dafür, dass Abstände und Durchlässe vor dem Rathaus eingehalten wurden; denn die Fußgängerzone vor dem Rathaus war ziemlich blockiert.
Vor dem Beschluss der Bürgerschaft, den Keller des BBH betreffend, gingen mahnende Ausführungen der Bausenatorin Hagen voraus. So betonte sie, dass z. B. die Sanierung des Kellers eine Auflage der Denkmalpflege sei. Würde diese Baumaßnahmen wegfallen, stünden auch die entsprechenden Mittel nicht mehr zur Verfügung. Die Bauplanung habe für eine Treppenlösung in der Planungsphase sieben Varianten durchgespielt, mit dem Ergebnis, dass die vorliegende Variante mit einem Teildurchbruch die einzig mögliche sei, um ein Treppenhaus zu realisieren. Dieses Treppenhaus sei aber für den Publikumsverkehr erforderlich. Senatorin Hagen verneinte die Lösungsmöglichkeit, ein Treppenhaus im Hof zu errichten, so wie es die Kritiker herausgefunden zu haben glaub(t)en. Sie trat ferner den Argumenten entgegen, mit Hilfe von Grundstücksenteignungen die Parkflächen hinter dem Haus zu erwerben. Das Gebiet, in dem die Häuser liegen, sei kein Sanierungsgebiet, so dass schon rechtlich diese Möglichkeit entfiele.
Senatorin Frank sekundierte und betonte, ein Verzicht auf den Keller sei zwar möglich, aber nicht sinnvoll, weil die Planungsänderungen die Schließdauer des Hauses verlängern würden. Die Spender und Unterstützer des Bauvorhabens warten auf die Öffnung. Das Haus sei „schon viel zu lange geschlossen“, betonte sie.
Bürgermeister Lindenau führte aus, dass bisher schon 5,3 Millionen Euro in den Bau geflossen seien und eine Änderung der Planungen neue Kosten und Verzögerungen nach sich ziehen würde. Für die Kosten von Änderungswünschen müsste die Stadt aufkommen, da Fördermittel an die vorliegende Bauplanung gebunden seien.
Soweit die Ermahnungen der Verwaltung an die Bürgerschaft.
In der sich anschließenden ausführlichen Debatte zeichnete sich jedoch bald dasjenige Bild ab, das schon in der gemeinsamen Sitzung von Bau- und Kulturausschuss deutlich geworden war. Eine Mehrheit des Hauses trägt die Bedenken der Verwaltung nicht mit; auf jeden Fall will sie einen Durchbruch im denkmalgeschützten Keller verhindern. Dieser Teil der Bürgerschaft möchte auch nur eine behutsame Sanierung des Kellers: denn dieser solle zwar in Zukunft besichtigt werden können, nicht aber als Versammlungsraum dienen. Ob und inwieweit eine Treppenhauslösung im Hof von Mengstraße 4 möglich ist, wurde nicht vertieft diskutiert – diese Lösungsmöglichkeit stand sozusagen nur im Raum.
Die Abstimmung für die oben angedeutete Lösung: 25 Stimmen dafür (= Kellerraum behutsam sanieren, aber kein Durchbruch; kein Versammlungsraum), 19 Stimmen dagegen (= Kellerdurchbruch und öffentlicher Raum), bei einer Stimmenenthaltung. CDU, Grüne, Unabhängige, AfD, Fraktion 21 und BfL dafür: SPD, Linke, GAL/Freie Wähler und FDP dagegen. Die eine Enthaltung kommt aus der Reihe der Unabhängigen.
Eine genauere Ausführung über den Inhalt der Beschlüsse erfolgt in Heft 5 der Lübeckischen Blätter.
Weiterführung des Heiligen-Geist-Hospitals (HGH)
Auch in der Angelegenheit der Weiterführung oder Schließung des Heiligen-Geist-Hospitals (HGH) konnte sich die Verwaltung mit ihren Vorstellungen nicht durchsetzen – jedenfalls nicht politisch.
Vor dem Beginn der Debatte wurden von Monika Bünzer (Einrichtungsbetreuung des HGH) und Sabine Kater (Initiative) über 3.000 Unterschriften zum Erhalt des Hauses an Stadtpräsident Puschaddel überreicht. Zzt. leben 60 Menschen in der Alten- und Pflegeeinrichtung. Die Unterzeichner fordern Bestand und Weiterführung der Einrichtung.
In der Debatte wurden viele Zweifel hinsichtlich des Brandschutzes und der Kosten für die bauseitige Sanierung geäußert. Ein Vertreter des Seniorenbeirats, Stefan Bergmann kam zu Wort, um sich ausführlich mit der juristischen Begrifflichkeit des Brandschutzes auseinanderzusetzen. Zentrale Frage: Besteht eine akute Gefahr für das Haus? Die Bezeichnung „entfernte Gefahr“ sei nicht ausreichend; vielmehr müsse ein Schaden hinreichend wahrscheinlich sei – so die juristische Definition der Begrifflichkeit. Das sei aber alles im Moment nicht gegeben, folgerte Bergmann und schloss daraus, dass keine Notwendigkeit für einen sofortigen Handlungsbedarf bestehe.
Von verschiedenen Fraktionen wurde die aufgeführte Summe der Sanierungskosten in Höhe von 30 Millionen Euro moniert. Es würden Aufschlüsselungen der Kosten fehlen sowie ein Sanierungskonzept.
Im Zusammenhang mit dem interfraktionellen Antrag auf Erhalt und Weiterführung des HGH fiel die Bezeichnung „Nebelkerzenbeschluss“, die von Antje Jansen (GAL) in die Debatte geworfen wurde. Diese Kennzeichnung charakterisiert in gewisser Weise den Beschluss der Bürgerschaft, denn er enthält möglicherweise ein Zuviel an Wunschdenken: 28 Stimmen für den Erhalt und Weiterbetrieb, 14 bzw. 15 Nein-Stimmen, eine Enthaltung.
Weil die Tragweite dieses Beschlusses im Moment noch nicht abgesehen werden kann, ist diese Abstimmung wohl in erster Linie als politische Willenserklärung zu bewerten. Sie erklärt zwar in lobenswerter Einmütigkeit den Erhalt der über 750 Jahre alten bedeutenden historischen Einrichtung; im Zusammenhang mit diesem Beschluss sind jedoch die Bedenken der Verwaltung zu berücksichtigen, die Bürgermeister Lindenau geltend machte: Brandschutz und Bauausführung obliegen nicht den Entscheidungen des Stadtparlaments oder deutlicher: Als Verwaltungschef könne und dürfe er sich nicht über Entscheidungen des Brandschutzes und der Bauaufsicht hinwegsetzen.
Bei aller Freude der betroffenen Bewohner des Altenheims und des Pflegepersonals: Dieser Hinweis wird möglicherweise entscheidend sein, ob das Haus geschlossen werden muss oder nicht. Folgt man dem Bürgermeister, ist aus den genannten brand- und bautechnischen Gründen eine Schließung zum 30. September unausweichlich. Der (politische) Beschluss der Bürgerschaft ist entsprechend einzuordnen und unter Umständen zu relativieren.
Die Einschätzung von Antje Jansen (Nebelkerzenbeschluss) könnte sich also als richtig erweisen. Auf jeden Fall aber wird es großer Weisheit bedürfen, um allen Seiten bei der Sanierung des HGH gerecht zu werden.
Nähere Darlegungen auch in diesem Fall: Heft 5 der Lübeckischen Blätter.
Bildlegende: Demonstration vor dem Rathaus gegen einen Baustopp und für einen offenen Keller (Foto: Burkhard Zarnack)